Carla Wagener reist sicher.
Wir haben eine Mail von unserer Reisestelle bekommen, dass wir alle Geschäftsreisen unbedingt immer über sie buchen sollen. Aus Sicherheitsgründen, damit sie im Krisenfall anhand der Buchungen immer nachvollziehen kann, wo wir sind. Das weckt bei mir Kindheitserinnerungen.
Als Jugendliche sollte ich auf jeder Reise regelmäßig zu Hause anrufen, um zu melden, dass alles in Ordnung ist. Das ging mir gehörig auf die Nerven, doch mein Argument „Wenn ihr nichts von mir hört, geht es mir gut“ prallte ab an der elterlichen Besorgniswand. Da ist dieses Traveler Tracking doch deutlich praktischer.
Mein Kollege Georg jedoch kommt in mein Büro gestürmt und fragt entsetzt, ob unsere Reisen denn so gefährlich seien, dass die Firma immer wissen muss, wo wir uns gerade aufhalten. Demnächst steht nämlich seine erste Geschäftsreise ins Ausland an, und so ist er schon seit Wochen in heller Aufregung. In seiner Vorstellung lauern überall auf der Welt Banden von Taschendieben, die über arglose Reisende herfallen wollen. Daher ist diese Mail Wasser auf seinen Mühlen und er plant, seine Ausstattung an Sicherheitsaccessoires – Geldgürtel mit wasserdichtem Fach, Leuchtrakete zum Abfeuern von Notsignalen, Wadenbeutel – noch zu erweitern.
Ich erkläre ihm, dass das eine reine Vorsichtsmaßnahme ist und ich das Tracking wirklich sehr bequem finde: Alles ist erfasst, die Firma weiß jederzeit, wo ich mich aufhalte – hätte es das damals schon gegeben, hätte ich mir das mühselige Suchen von Telefonzellen und passendem Kleingeld unterwegs sparen können. Auch privat funktioniert das ja schon: Heute verfolgen Daheimgebliebene einfach online meinen Flugverlauf – schicke ich eine SMS mit „Bin gut gelandet“ nach Hause, kommt als Antwort: „Wissen wir, um 10.35 Uhr“. Auf Meldungen wie „Haben seit Tagen super Wetter“ antworten sie: „Soll aber laut Wetter-App übermorgen regnen“. Im Grunde kann ich mir jegliche Statusmeldung nach Hause sparen.
Für ängstliche Gemüter wie Georg wäre vielleicht ein Zukunfts-Tracking gut: ein System, das vorhersieht, wo Gefahren lauern (Taschendiebe eingeschlossen), und das die Reiseroute eigenständig verändert.
Ich wette, irgendwo arbeitet jemand an so was.
Erschienen in: CWT Connect, Ausgabe 02-2013 (PDF, ca. 10 MB)
Illustration: Matthias Seifert
Neueste Artikel von annette lindstädt (alle ansehen)
- wandern im dahner felsenland - 8. April 2019
- Tour durch Großbritannien mit dem Wohnmobil – unsere Reiseroute - 31. August 2017
- Wohnmobil-Tour durch Großbritannien – Stellplatztipps - 31. August 2017
- tipps: reise-apps für neuseeland - 31. März 2016